Das Wissen von der Welt
Doppel- und Mehrfachqualifikationen sind in der heutigen Zeit in vielen Branchen eine wichtige Voraussetzung für ein abgerundetes Berufsbild. Als Beispiel sei der Beruf des Mechatronikers genannt. Der Name für diesen relativ neuen Beruf ist eine Zusammensetzung zweier Berufsbezeichnungen: Mechaniker und Elektroniker. Der Mechatroniker besitzt demzufolge Kenntnisse in zwei Berufen.
Beim Beruf des Übersetzers verhält es sich ähnlich. Der professionelle Übersetzer ist zunächst einmal auch zweiseitig, denn er hat mindestens zwei Arbeitssprachen, die er einwandfrei beherrscht und denen er in einem Hochschulstudium ein wissenschaftliches Fundament verliehen hat.
Neben seiner sprachlichen Kompetenz besitzt der Übersetzer auch landeskundliche Kompetenz (Wissen über wirtschaftliche, politische und soziale Strukturen des jeweiligen Landes) und verfügt zudem über interkulturelle Kompetenz (Kenntnis der kulturellen Dimensionen eines Landes).
Nach jahrelanger Berufspraxis erlangt der Übersetzer in einem oder sogar mehreren Bereichen, in denen er tätig ist (Wirtschaft, Recht, Technik, Literatur, Medien etc.) tiefere Fachkenntnisse und wird zum Spezialisten, zum Fachübersetzer. Das Profil runden, je nach Ausrichtung, noch zahlreiche Zusatzqualifikationen ab.
Dieses Wissen reicht jedoch bei weitem nicht aus. Der professionelle Übersetzer kommt darüber hinaus nicht ohne das aus, was in der Übersetzungswissenschaft als „Weltwissen“ bezeichnet wird. Es braucht nicht viel Phantasie, um sich auszumalen, welche Schäden falsche Übersetzungen (z. B. bei internationalen Verträgen) anrichten können, die auf einen Mangel an „Weltwissen“ zurückzuführen sind.
Der zeitgemäße Übersetzer ist auf jeden Fall auch ein Medienprofi, der sich mit Typographie, Layout und Medienformaten bestens auskennt. Er ist EDV-Spezialist und Techniker zugleich, denn er pflegt und wartet seinen PC und füttert ihn mit neuen Daten. Den PC benötigt er unter anderem als übersetzerisches Hilfsmittel. Und zwar „nur“ als Hilfsmittel, denn bei allem Fortschritt in Sachen maschineller Übersetzung ist selbst der Computer mit der Komplexität der vielfältigen übersetzerischen Aufgabenstellung überfordert und kann die Stärken menschlicher Übersetzungsleistung nicht ersetzen. Es fehlt ihm eben das Wissen von der Welt.
_antonia tomljanović-brkić